Die Broschüre, die im Beitragsbild zu sehen ist, gibt es für 4€ pro Stück käuflich zu erwerben. Anlaufstelle dazu ist der Heimat- und Geschichtsverein Rodheim-Bieber, aber auch bei Praxis Ute Jung in Fellingshausen liegen Exemplare zum käuflichen Erwerb aus. Eine Broschüre, die sich auf jeden Fall lohnt.
Nach dem Bericht vorgestern habt ihr schon ein wenig erfahren, wie unsere Mundart einzugrenzen ist und dass es selbst von Generation zu Generation schon unterschiedliche Ausdrücke im selben Dorf gibt. In diesem Beitrag möchte ich euch die Wenkersätze präsentieren, die bis heute als Grundlage für die Entwicklung der Sprache verwendet werden, da sie bundesweit abgefragt wurden. Auch Bibliothekar Wenker hatte ich dort bereits vorgestellt.


Selbst wenn ich nicht mehr richtig Platt schwätzen kann, so verstehe ich doch einen sehr großen Teil, da bei meiner Oma auch nur Mundart gesprochen wurde. Und meine Verwandtschaft hat oftmals ein r im Mundarwort, das im Hochdeutschen kein r enthält. Ich erinnere da nur an die Barnarne.
Zurück nach Biebertal. Aber auch hier gibt es Wörter oder sogar Sätze, die muss man mehrmals lesen, damit man sie überhaupt versteht. Einer davon ist der 4. Wenkersatz: Dou Kölln önn dön Ohwe, daß däi Melch bahl oh zou Koche fängt. Wie ich den das erste Mal gelesen habe, habe ich außer Milch kein Wort verstanden. Erst mit mehre Mals langsamen lesen hat die Übersetzung ins Hochdeutsche funktioniert. So schreibt man es in Frankenbach. In Königsberg wird der Satz z.B. so geschrieben: Dou Kenn ian d Ouwe, diaß die Melch bah on s kuache fängt. Außer das Wort Melch und fängt komplett anders. Hier jetzt mal eine Übersicht über alle 40 Wenkersätze in der jeweiligen Übersetzung der einzelnen Ortschaft mit Informationen zu den damaligen Lehren. Leider ohne Vetzberg, da diese zu dem Zeitpunkt keine eigene Schule hatten.
Bieber:
Bieber:
Lehrer: Müller
Lehrer Müller war der erste Lehrer an der 1879 eröffneten Schule in Bieber. 1885 stellte er einen Versetzungsantrag nach Hirschhausen (heute Stadtteil von Weilburg)
Allerdings sei angemerkt, dass Lehrer Müller die Verschriftung von Lehrer Heymann aus Rodheim als Vorlage übernommen und nur geringfügig abgeändert hat.
Also selbst 1880, wo diese Schrift erstellt wurde, waren Rodheim und Bieber schon eng verbunden.
Fellingshausen:
Der in Greifenstein geborene Lehrer Kling schreibt gut lesbar, fehlerfrei ohne Korrekturen und nach klaren und konsequent durchgehaltenen Regeln.
Eine Besonderheit ist, dass die Aufnahme von Fellingshausen aus dem Jahre 1887 stammt, während alle anderen Ortschaften dafür das Jahr 1880 angegeben haben.
Fellingshausen:
Frankenbach:
Lehrer: Johannes Schmidt
Der in Niederhörlen (heute Ortsteil von Steffenberg, Kr. Marburg-Biedenkopf) geborene Lehrer schreibt gut lesbar und fehlerfrei. Er gibt sich erfolgreich die größte Mühe, die dialektale Lautung in der Verschriftung angemessen abzubilden.
Königsberg:
Lehrer: Chr. Heilbach
Der aus Allendorf bei Weilburg stammende Lehrer hat gut lesbar und ohne Korrekturen geschrieben. Er bemüht sich sehr um korrekte Wiedergabe des Gesprochenen, hochsprachliche Einflüsse sind nicht zu erkennen.
Er hat nicht nur die Rückseite des Wenkerbogens ausgefüllt, sondern die Angaben handschriftlich gemacht.
Krumbach:
Lehrer: August Römer
Der aus Langd (heute Ortsteil von Hungen) stammende Lehrer schreibt in einer gut lesbaren Schrift, allerdings mit einer Reihe von mehr oder weniger auffälligen Korrekturen.
Rodheim:
Lehrer: Heymann
Heymann wurde in dem Ort Kaltenholzhausen geboren. Das ist heute ein Ortsteil von Aar-Einrich in Rheinland-Pfalz. Er schreibt in sehr gut lesbarer Schrift und setzt dialektale Länge und Kürze der Selbstlaute sehr genau um, oft sogar durch mehrfache Kennzeichnung.
Viele vermuten, dass der Dialekt irgendwann aussterben wird. Ob das passiert, liegt aber an uns allen selbst. Wie sich herausgestellt hat, ist es gar nicht so verkehrt, wenn die Kinder mit Platt und Hochdeutsch aufwachsen. Sie sollen dadurch wohl später in der Schule auch weniger Probleme mit Fremdsprachen haben. Veranstaltungen wie jetzt im Bürgerhaus Rodheim oder der Mundartgottesdienst vor kurzem in Frankenbach haben gezeigt, dass das Interesse an unserem Dialekt nach wie vor ungebrochen ist. Auch Klaus Wolff und Jochen Strunk alias die Bousseldande sind vielen ein Begriff. Liefern sie doch mit ihren Auftritten pure Unterhaltung auf Platt. Unsere Kollegen vom Biebertal TV haben eine extra Rubrik Off Platt. Zudem gibt es dort die aus dem Mittelalter stammende Frankenbacher Geschichte von Birgels Else, die auf original Frankenbacher Platt von Rita Müller vorgelesen wird. Viele auf der Veranstaltung des Heimatvereins Rodheim, wo die Borschüre Biebertaler Dialekte früher und heute vorgestellte wurde, waren der Meinung, eher weniger aufzuschreiben, vielmehr den Dialekt zu vertonen. Dazu wurden auch alle Heimat- und Geschichtsvereine in der Gemeinde aufgerufen, eventuelle Arbeitsgruppen zu errichten und unser Kulturgut zu erhalten. Auch wir vom Bilderbogen würden uns da nicht verweigern und sind für alle Eventualitäten offen.

Beitragsbild: C. Haus
Bilder: Broschüre Biebertaler Dialekte früher und heute
Quelle: Broschüre Biebertaler Dialekte früher und heute, eigene Teilnahme an der Veranstaltung